Fragen an die Fraktionen: E-Voting

Posted on 14.05.2009 unipolitik

Hiermit wollen wir eine Artikelserie auf unserer Homepage starten, die sich mit den ÖH Wahlen 2009 auf Universitätsvertretungsebene beschäftigt. Die Fachschaft Informatik hat 10 Fragen an die wahlwerbenden Fraktionen gesendet, die Antworten wollen wir nun hier häppchenweise veröffentlichen.

Frage 1: Wie steht Ihr zu E-Voting?

Von folgenden Fraktionen haben wir (noch) keine Antwort erhalten: VSStÖ, KSV/Lili

**TU*Basis** :

Wir lehnen eine elektronisch unterstützte Wahl in allen derzeit diskutierten Formen ab. Alle Varianten unterliegen den prinzipiellen Eigenschaften und Limitierungen der Informationstechnologien und können daher unmöglich den Kriterien für eine freie und geheime Wahl entsprechen.

Die aktuell für die ÖH-Wahlen verwendete Form von e-Voting ist dabei fast die schlimmste Form, die vorstellbar ist. Die konkrete Umsetzung suggeriert, dass das tatsächliche Ziel von ÖVP/AG war, die Wahlen möglichst leicht manipulieren zu können. Während eine Papierwahl aus wenigen, einfach zu durchschauenden und leicht überprüfbaren Komponenten besteht und die Auszählung der Kontrolle aller Interessensgruppen unterliegt, besteht eine elektronische Wahl aus vielen und komplexen Komponenten, die wohl immer Fehlerhaft sein werden. Die Wahl findet also auf dem Heim-PC statt, der eventuell von Viren infiziert sein könnte. Die Daten werden anschließend an einen Server geschickt, dessen Funktion effektiv geheim ist und der jederzeit das Wahlgeheimnis einfach ignorieren kann. Wird dieser Server kompromittiert, kann möglicherweise das gesamte Wahlergebnis einfach bestimmt werden. Das Wahlergebnis bestimmten kann natürlich auch jener, der die Wahlsoftware implementiert hat - was gar nicht so unwahrscheinlich ist, wenn man bedenkt, dass dieser amtierender Funktionär der AG/ÖVP ist.

Wir sind der Meinung, dass eine Wahl von jedem und nicht nur einigen ExpertInnen durchschaubar sein sollte. Wir wünschen uns keine “Expertokratie”. In der aktuellen Debatte fällt auf, dass Argumente der GegnerInnen von e-Voting konsequent beiseite gewischt wurden, egal wie stichhaltig sie auch sind. Wir finden, dass das symptomatisch für die derzeitige Politik in Österreich ist und finden, dass sich dies ändern sollte.

Grüne und Alternative StudentInnen (GRAS) :

Die GRAS ist gegen E-Voting aus mehreren Gründen: Wahlen über das Internet bringen einige Probleme mit sich: Weder kann kontrolliert werden, wer tatsächlich vor dem Bildschirm sitzt, noch ob diese Person nicht vielleicht erpresst oder bedroht wird. Auch die technische Umsetzung ist nicht ohne Schwierigkeiten. Bei Testwahlen stürzte das System ab, die Länder in denen E-Voting schon stattfand stellten dem Programm vernichtende Kritiken aus. So gut wie sämtliche ExpertInnen, egal ob von juristischer oder technischer Seiten raten von E-Voting dringend ab.

Das System ist manipulierbar, unsicher und darf nicht bei Wahlen angewendet werden. Weder der Wahlvorgang selbst noch die Aufbewahrung der Daten ist ausreichend geschützt. So kann noch nach Jahren nachvollzogen werden, wer nun wen gewählt hat. Das Wahlgeheimnis wird ad absurdum geführt. Wenn betrachtet wird, wer das Projekt E-Voting betreibt, wird vieles schnell klar. Ehemalige Mitglieder und Vorsitzende der AG leiten das Projekt, auf der WU läuft die Werbung auch offiziell über die ÖVP Fraktion. Auf anderen Universitäten ist es die Gruppe „studi.gv.at“, die das E-Voting bewirbt, auch sie zum großen Teil aus der Aktionsgemeinschaft rekrutiert. Die Personalia rund um die Umsetzung des Systems ist auch interessant. Der Auftrag an Scytl für die Software wurde vom Bundesrechenzentrum vergeben. Der stellvertretende Aufsichtsratvorsitzende, Dr. Arthur Winter ist gleichzeitig IT Sektionschef im Finanzministerium, welches ja das ganze Projekt finanziert und Präsident der A-SIT, welche die Software Zertifikate ausstellt. Wissentschaftlicher Gesamtleiter der A-SIT, also der Lizenzierungsstelle ist Prof. Dr. Reinhard Posch der zufälliger Weise gleichzeitig auch der wissenschaftliche Leiter der Firma ist, die die Lesegeräte herstellt und verkauft.

Um die Einführung zu verhindern, brachte die GRAS eine parlamentarische Anfrage, eine Eingabe bei der Datenschutzkommission und eine Anfrage gemäß dem Auskunftspflichtsgesetz ein. Ausserdem wie die GRAS falls E-Voting eingesetzt wird, die Wahl beim Verfassungsgerichtshof anfechten.

Fachschaftsliste (Teil der FLÖ):

Die Fachschaftsliste TU Wien spricht sich eindeutig gegen e-voting aus. Wir sehen dieses Wahlsystem als einen groben Eingriff in das freie, geheime und persönliche Wahlrecht an, das eines der Prinzipien unserer Demokratie ist. Es fehlt diesem System grob an Transparenz und nur sehr wenige Menschen wissen, was im Hintergrund passiert. Bei einer Papierwahl kontrollieren die Mitglieder der Wahlkommission den fairen Ablauf der Wahl und es ist jederzeit eine Neuauszählung möglich. Für jede Wählerin und jeden Wähler ist der Vorgang der Stimmabgabe und Auszählung verständlich und klar nachvollziehbar. E-voting, insbesondere in der jetzigen Form, ist anfällig für Manipulationen. Diese sind im Nachhinein auch nur schwer nachzuweisen und anzugreifen, ohne das geheime Wahlrecht anzutasten. Außerdem gibt es – ebenso wie bei der Briefwahl – keine Garantie, dass die Stimmabgabe nicht irgendwo beobachtet oder mitgeschnitten wird. Derartige Spionageversuche sind bei einer elektronischen Wahl über das Internet zudem leichter in einem größeren Maßstab realisierbar, als bei traditionellen Wahlverfahren. Die Fachschaftsliste lehnt e-voting daher strikt ab und wird sich auch in Zukunft weiterhin gegen diese der Österreichischen HochschülerInnenschaft aufgezwungene Farce einsetzen.

AktionsGemeinschaft (AG ) :

Wir denken nicht, dass durch E-Voting die Wahlbeteiligung steigen wird, da der Aufwand groß ist, und es gibt einige kritische Punkte beim E-Voting. Wir halten aber auch nichts von übertriebener Panikmache, E-Voting ist sicherlich nicht der Untergang der Demokratie, von dem andere gerne sprechen. Natürlich muss man sich die eingesetzte Technik kritisch anschauen. Und wenn hierbei wirklich grobe Mängel vorherrschen muss man die Notbremse ziehen und auf E-Voting verzichten.

Kommunistischer StudentInnen Verband / Kommunistische Jugend Österreichs (KSV/KJÖ):

Wir sind klar gegen E-Voting, weil es den Grundsätzen der freien und geheimen Wahl widerspricht. Es ist, wie bei der Briefwahl, für die Wahlkommissionen unmöglich nachzuvollziehen, ob die Wahlen tatsächlich frei und geheim durchgeführt werden, also ohne Zwang und ohne, dass jemand dabei zusieht. Außerdem ist nicht ganz geklärt, ob die Daten der WählerInnen nicht doch zurückverfolgt werden können und somit das Wahlverhalten nachvollzogen werden kann. Dass den Wahlkommissionsmitgliedern gerade einmal neun Stunden für die Begutachtung des 180.000 Zeilen umfassenden Source-Codes gelassen wurden, zeigt eindrucksvoll wie undurchsichtig das ganze Projekt ist.

Junge Liberale (JuLis):

Das muss man differenziert sehen. Grundsätzlich sprechen sich die JuLis für Innovation und damit auch für die Möglichkeit des E-Votings aus. Jedoch ist unter den aktuellen (Sicherheits-)Voraussetzungen keine geheime Wahl garantiert, und auch Manipulationen wären theoretisch möglich. Darum raten die JuLis zum jetzigen Zeitpunkt von der Nutzung des eVotings ab.

Ring Freiheitlicher Studenten (RFS):

Zum RFS ist anzumerken, dass er eine Fraktion darstellt, die für die fsinf als politisch problematisch anzusehen ist. Das beginnt beim Naheverhältnis zu (schlagenden) Burschenschaften (der bundesweite Spitzenkandidat ist bei der “Burschenschaft Oberösterreichischer Germanen in Wien” [1]) und hört bei den Kranzniederlegungen am Nowotny-Grab [2] noch lange nicht auf [3]. Zwar versuchen die “freiheitlichen Studenten” gerne, sich einen gemäßigten Anstrich zu geben, trotzdem bekennen sie sich weiterhin zu ihren Grundsätzen, wie beispielsweise der “unbedingte[n] Beibehaltung der naturgegebenen Funktion der Geschlechter in der Gesellschaft”[4] und dem notwendigen “Bekenntnis zum eigenen Volkstum”[5].

[1] http://fm4.orf.at/stories/1602846/ zuletzt abgerufen am 16.05.2009
[2] http://www.doew.at/frames.php?/projekte/rechts/chronik/2004_11/nowotny.html zuletzt abgerufen am 16.05.2009
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Ring_Freiheitlicher_Studenten zuletzt abgerufen am 16.05.2009
[4] http://rfs.at/graz/frauensprecherin.html zuletzt abgerufen am 18.05.2009
[5] http://www.rfs.at/neu/?p=51 zuletzt abgerufen am 16.05.2009

Der Ring Freiheitlicher Studenten hat beim Verfassungsgerichtshof beantragt, die Verordnung zur Einführung des e-votings bei den bevorstehenden ÖH-Wahlen als gesetzwidrig aufzuheben. Der RFS begründet den Antrag mit erheblichen Bedenken, das Grundrecht auf freie, geheime und persönliche Wahl kann gefährdet sein! Hauptargument gegen das von Wissenschaftsminister Hahn verordnete E-Voting-System ist §68 der Verordnung selbst, in dem normiert ist, dass Wähler, die ungültige Stimmen abgeben, schriftlich oder telefonisch darauf hingewiesen und zu einer neuerlichen Stimmabgabe aufgefordert werden sollen. Damit wird der freie Wählerwille – in diesem Fall der Wille, ungültig zu wählen – grob missachtet. Des Weiteren würde bei einem Absturz des Systems jeder Wähler per Brief aufgefordert werden die Papierwahl in der Wahlkabine zu vollziehen. Bei einer Zuordenbarkeit von Stimmen kann von einer geheimen Wahl keine Rede mehr sein! Auch das Grundrecht auf persönliche Wahl ist gefährdet, zumal bei einer Wahl mit Bürgerkarte und dazugehörendem PIN-Code nicht garantiert werden kann, dass tatsächlich der Wahlberechtigte selbst die Stimme abgibt. Es kann etwa sein, dass jemand unter Druck gesetzt wird oder auch dass Stimmen ge- oder verkauft werden. Das System hat einfach zu viele Mängel, um es jetzt in einer Horuck-Aktion auszuprobieren. Wir können nicht Grundrechte dem Prestigedenken des Wissenschaftsministers opfern.