Fragen an die Fraktionen: Bologna-Prozess

Posted on 18.05.2009 unipolitik

Hier eine weitere Folge unserer Serie zu den ÖH Wahlen 2009. Die wahlwerbenden Fraktionen haben folgende Frage beantwortet:

Frage 5: Welche Verbesserungsvorschläge habt Ihr für die Implementierung des Bologna-Prozesses, aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre?

**TU*Basis** :

Der Bologna-Prozess hat die Struktur der Studien in den letzten Jahren fundamental umgekrempelt. Wie bei jeder Veränderung gibt es auch hier Vor- und Nachteile. In Österreich ist vor allem zu kritisieren, dass der Bologna-Prozess viel starrer umgesetzt wurde, als dieser es eigentlich vorsieht. In Österreich hat z.B. jeder Bachelor per Gesetz genau 180 ECTS, ein Bachelorstudium mit 179 oder 181 ECTS wäre rechtswidrig - Der Bologna-Prozess sieht diese Starre aber gar nicht vor. So wurde vielen Studien eine Struktur aufgezwungen, die gar keinen Sinn macht, es sei z.B. auf den sinnlosen Bachelor in den Lehramtsstudien verwiesen.

Die Umstellung von den Semesterwochenstunden auf ECTS hat natürlich in fast allen Studien Probleme bereitet. Die aus der Informatik bekannte Formel “SWS * 1.5 = ECTS” hat sich auch nicht bewährt. Hier steht vor allem eine Konsolidierung dieser Zahlen an, da ECTS oft nichts mit dem realen Aufwand zu tun haben.

Grüne und Alternative StudentInnen (GRAS) :

Evaluierung der Studienpläne auf Studierbarkeit. ECTS Punkte der Lehrveranstaltungen müssen dem tatsächlichen Aufwand entsprechen. Anrechbenbarkeit zwischen den Unis muss funktionieren, sonst führt sich der Prozess ad absurdum. Es schaffen ja die Universitäten nicht einmal innerhalb Österreichs die Zusammenarbeit, so dass ein Wechsel möglich ist. Auf dieses Problem haben wir gerade erst mit einem Antrag an die Bundesvertretung der ÖH aufmerksam gemacht. Unsere Spitzenkandidatin, Sigrid Maurer ist Delegierte in der European Students Union (ESU) und dort sehr gut vernetzt, gerade was Bologna betrifft. In diesem Jahr findet ja eine „Follow-Up-Group“ von Bologna zu dessen Evaluierung statt und die GRAS ist sehr engagiert, an der Arbeit der ESU und damit auch der EU teilzuhaben und mitzubestimmen.

Fachschaftsliste (Teil der FLÖ):

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass in Österreich nur eine Teilumsetzung des Bologna-Prozesses stattgefunden hat. Der Grund dafür ist, dass die Umsetzung der Ziele fast nur auf das Studiensystem bezogen und kaum im universitären Umfeld erfolgt ist. Für die TU Wien war der Umstieg auf den ECTS Plan schwierig. Noch immer entspricht der Realaufwand in vielen Studienrichtungen der TU Wien nicht den ECTS Punkten. Die Unterteilung der Bildung auf einer Universität in Bachelor-, Masterstudium und PhD ist auf die österreichische Bildungslandschaft sehr schwer abzubilden. Außerdem fehlt die Profilbildung des Hochschulraums. Die Fachschaftsliste TU Wien wird sich für die Evaluierung des Realaufwandes einsetzen und gestaltet ein ECTS Monitoring um den Aufwand an ECTS oder umgekehrt anzupassen aktiv mit. Außerdem werden wir uns im Post Bologna produktiv einbringen und konstruktiv Universitätsgesetz-Novellen mitgestalten. Zwei sehr wesentliche Verbesserungsvorschläge von uns, die wir auch umsetzen wollen, sind die Erweiterung der Mitbestimmung der Studierenden und der aktive Einsatz, unter anderem in Studienkommissionen, gegen eine Verschulung der Universität. Diese wird im Moment leider im Zuge der neuen Bachelor- und Masterstudienpläne immer deutlicher.

AktionsGemeinschaft (AG ) :

Grundsätzlich ist der Bologna-Prozess in seiner Grundidee zu begrüßen. Die damit einhergehende Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen in Europa kommt vor allem Studierenden, welche im Ausland ein aufbauendes Studium planen zugute. Die Grundidee vom Generalistischen Bachelorstudium mit dem aufbauenden Masterstudium (welches in eine Fachrichtung spezialisiert) ist ebenfalls zu begrüßen. Jedoch gibt es in der Praxis einige Mängel. Die Bachelorstudien sind am Arbeitsmarkt sehr unterbewertet und werden oftmals bei Entlohnungen und Einsatzgebieten wie eine bessere Matura behandelt. Hier gilt es Initiativen zu setzen um den Unternehmen von der (durchaus vorhandenen) Qualität der Bachelorstudien zu überzeugen. Vor allem wichtig ist aber auch, dass der Zugang zum Masterstudium für jeden Studierenden der ein solches machen will frei bleibt von jeglichen Zugangsbeschränkungen. Denn jeder Studierende, der sein Studium nach dem Bachelor fortsetzen will muss dazu auch die Möglichkeit haben.

Kommunistischer StudentInnen Verband / Kommunistische Jugend Österreichs (KSV/KJÖ):

Wir wollen nicht die Implementierung verbessern, sondern den Bologna-Prozess, so wie er ist, abstellen. Das Ansinnen, die Universitäten vermehrt einer Konkurrenz auszusetzen, wie es der kapitalistischen Logik entspricht, hat nur zur Folge, dass die Teilung von Arm und Reich in der Gesellschaft verstärkt wird. Spitzenausbildung und Mobilität wird für die „Elite“ zur Verfügung gestellt, während die Mehrheit mit Bildung von schlechter Qualität abgespeist wird.

Junge Liberale (JuLis):

Die Anerkennung der Abschlüsse muss noch unkomplizierter werden, hier ist ein Bürokratieabbau an den Universitäten zu fördern. Auch müssen Studienaustauschprogramme wie ERASMUS weiter ausgebaut und gefördert werden. Außerdem darf es unter dem Vorwand des Bologna-Prozesses nicht zu einer weiteren Privatisierung oder Streichung besonderer, standortspezifischer universitärer Leistungen kommen.

Ring Freiheitlicher Studenten (RFS):

Zum RFS ist anzumerken, dass er eine Fraktion darstellt, die für die fsinf als politisch problematisch anzusehen ist. Das beginnt beim Naheverhältnis zu (schlagenden) Burschenschaften (der bundesweite Spitzenkandidat ist bei der “Burschenschaft Oberösterreichischer Germanen in Wien” [1]) und hört bei den Kranzniederlegungen am Nowotny-Grab [2] noch lange nicht auf [3]. Zwar versuchen die “freiheitlichen Studenten” gerne, sich einen gemäßigten Anstrich zu geben, trotzdem bekennen sie sich weiterhin zu ihren Grundsätzen, wie beispielsweise der “unbedingte[n] Beibehaltung der naturgegebenen Funktion der Geschlechter in der Gesellschaft”[4] und dem notwendigen “Bekenntnis zum eigenen Volkstum”[5].

[1] http://fm4.orf.at/stories/1602846/ zuletzt abgerufen am 16.05.2009
[2] http://www.doew.at/frames.php?/projekte/rechts/chronik/2004_11/nowotny.html zuletzt abgerufen am 16.05.2009
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Ring_Freiheitlicher_Studenten zuletzt abgerufen am 16.05.2009
[4] http://rfs.at/graz/frauensprecherin.html zuletzt abgerufen am 18.05.2009
[5] http://www.rfs.at/neu/?p=51 zuletzt abgerufen am 16.05.2009

Als vorrangiges Ziel gerade im EU und OECD Vergleich betrachtet der Ring Freiheitlicher Studenten natürlich eine Steigerung der Akademikerquote in unserem Land, jedoch darf das Bildungsniveau nicht darunter leiden! Wir sehen in der Umstellung des Diplomstudiums auf das Bakkalaureat und der damit verbundenen Reduzierung der Studienzeit von acht auf sechs Semestern eine Verschlechterung unseres Ausbildungssystems. Durch den Bolognaprozess können Universitäten in Zukunft den Zugang zu Masterstudien nach willkürlichen Gesichtspunkten (z.B.: Notendurchschnitt) autonom gestalten, d.h. eine Fortsetzung des Studiums nach dem Bachelor ist nicht gewährleistet. Der RFS fordert, dass jedem Studenten das Recht eingeräumt wird, sein Studium mit einem Mastertitel abschließen zu können! Die Wirtschaft wurde vom Bolognaprozess überrumpelt, tausende Bachelor- Absolventen würden eine teure Ausbildung besitzen, die von der Allgemeinheit und vor allem von der Wirtschaft nicht zur Gänze anerkannt ist, was einer Steuerverschwendung unglaublichen Ausmaßes gleichkommt!!! Der RFS fordert 1000 Akademikerstartjobs von der Regierung. Es wird immer sehr viel für Lehrlinge getan und für andere Berufsgruppen, Studenten oder Jungakademiker werden da aber immer ein bisschen herausgenommen. Das wäre etwas schönes, um eben Berufserfahrung sammeln zu können. 1000 Startjobs in der Verwaltung und in staatsnahen Betrieben. Das muss möglich sein!