Teil 5: Machtstrukturen und Wahrnehmung von Frauen in der Politik

Posted on 25.05.2015 Artikelserie-Sexismus-und-die-TU

Was bisher geschah: Bisher haben wir uns mit Begriffsdefinitionen, Argumentationslinien, Objektifizierung und Privilegien auseinander gesetzt. Die Artikel dazu findest du auf unserer Homepage oder in den letzten Ausgaben des htu.info.

Passend zum Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe des htu.info geht es diesmal um Frauen in der Politik. Wer Nachrichten über Politik im In- und Ausland beobachtet, wird schnell feststellen, dass es unter Politikern und Politikerinnen wesentlich mehr Männer als Frauen gibt.

Unabhängig von den Gründen für das Geschlechter-Ungleichgewicht in der Politik wird, gerade von der Presse, auch anders von und mit Politikerinnen gesprochen. Wenn Frauen interviewt werden, werden sie oft gefragt, wie sie Arbeit und Familie unter einen Hut bringen. Hinter dieser Frage steht die Annahme, dass es die Aufgabe der Frauen sei, sich um die Familie zu kümmern. Männern wird diese Frage nicht gestellt - wenn sie sich jedoch für eine Väterkarenz “opfern”, werden sie groß gefeiert.

Aber auch, wenn es nicht um unterschiedliche Interviewfragen geht, spielt das Frau-sein bei Berichterstattung zu Politikerinnen eine große Rolle. Es macht einen Unterschied, ob eine Person als “Minister” oder als “Ministerin und Mutter zweier Kinder” vorgestellt wird. “Mutter” ist ein häufiges stereotypes Bild, das von Frauen in verschiedensten Positionen gezeichnet wird. Für die politische Karriere kann es allerdings ein großer Nachteil sein, mit bestimmten Stereotypen assoziiert zu werden. Während die “Eiserne Lady”, die fast völlig emotionslos erscheint und die “Mutter” durchaus auch positiv wirken können, gibt es auch fast ausschließlich negative Stereotype. Eine Politikerin, die als Objekt sexueller Begierde dargestellt wird, verliert sehr schnell den Respekt anderer und damit oft auch die Unterstützung durch die eigene Partei oder Wähler_innenschaft.

Ein weiteres Thema, das in der Berichterstattung über Frauen eine große Rolle spielt, bei Männern aber oft nur am Rande erwähnt wird, ist das Aussehen.

Sowohl über die Frisur als auch den Kleidungsstil der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde, vor allem zu Beginn ihrer Amtsperiode, ausführlich berichtet. Gleichzeitig gibt es kaum Meldungen über die Frisur oder Kleidung des österreichischen Bundeskanzlers, Werner Faymann. Oder über das Aussehen von Francoise Hollande, dem Premierminister Frankreichs.

Abseits der Öffentlichkeit, innerhalb der eigenen Parteien, werden Frauen auch oft mit anderen Hürden konfrontiert als Männer. Von Politikerinnen wird eher erwartet, sich mit sozialen oder “frauen- und familienpolitischen” Anliegen zu befassen. Bemühungen zur Gleichstellung von Frauen bleiben oft an Frauen hängen. Es wird ihnen oft weniger zugetraut, auch wenn die Behauptung, das Frauen zu emotional und irrational für Führungspositionen wären, wird viellecht nicht mehr laut geäußert, hält sich aber weiterhin in vielen Köpfen.

Die deutsche FDP geht in eine andere Richtung und meint, dass ihre Kandidatinnen auch optisch etwas her machen sollen. “Nach dem Motto: Sex sells”, so die Vorsitzende der Liberalen Frauen im Jahr 2012. Frauen als Dekoration auf Wahlwerbe-Flyern sind aber auch in Österreich nichts neues.

Auch bei der Bildung von Personenlisten für Wahlen spielt das Geschlecht eine Rolle. Oft wird eine Quote oder ein Reißverschluss-System, wie es von einigen Parteien eingesetzt wird, als überflüssig und als Benachteiligung von Männern bezeichnet. Die Begründung ist hier, das die Frauen ja kandidieren könnten, aber offenbar nicht wollen. Was an dieser Stelle nicht erwähnt wird ist aber, dass Frauen meistens schon von Kindesbeinen an darauf trainiert werden, leise und höflich zu sein, die Bedürfnisse und Wünsche anderer vor die eigenen zu reihen und im Hintergrund zu stehen. Deshalb brauchen sie oft mehr Rückhalt und Unterstützung, um sich für einen der vorderen Listenplätze aufgestellen zu lassen.